Mit ziemlicher Verzögerung setze ich mich nun endlich daran, unseren Ankündigungen Taten folgen zu lassen. Geplant war natürlich, den Blog vor Abreise einzurichten, um dann, mit minimalem Aufwand wann immer es passt, schreiben zu können. Ich nehme an, niemand ist besonders überrascht, dass das nicht so geklappt hat …
In unserer zweiten Woche Sprachschule (dazu später mehr) haben wir nun aber endlich genug Zeit und eine deutlich geschrumpfte Panik, etwas zu verpassen. Der Blog ist noch in Rohform und wird sich hoffentlich in Zukunft optisch noch machen, aber angesichts unseres Zeitmanagements wollten wir erstmal überhaupt liefern.
Madrid als Zwischenstation nach dem Start in Frankfurt war eine gute Idee, so konnten wir nämlich schon mal einen Vorgeschmack darauf bekommen, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in spanischsprachigen Ländern kein Englisch spricht. Mit Lächeln, wildem Gestikulieren und Buenos días / tardes kommt man aber recht weit, insofern war die Motivation ungebrochen. Je näher der Flug nach Bogotá rückte, desto mehr stieg allerdings die Aufregung – wenn man über die Stadt im Lonely Planet und sonstigen Quellen liest, fällt einem vor allem die grauenhafte Sicherheitslage in Auge. Niemanden zu kennen, der in der näheren Vergangenheit dort war, machte die Sache nicht angenehmer. Wir sind zwar schon in verschiedenen Ecken der Welt gewesen, aber nie in einer ernsthaft gefährlichen.
Zum Flughafen ging es mit – trotz mehrfachem Aussortieren – gefühlt viel zu viel Zeug im Rucksack: Helena 18,6 kg und ich 20,3 kg ohne Handgepäck. Dort gab es erstmal einen Dämpfer als die freundliche Frau von Avianca, der Fluggesellschaft, uns beim Einchecken fragte, wo denn unsere Ausreise-Tickets seien. Was Helena und Tobi leider nicht gelesen hatten, war, dass man nur mit einem „gültigen“ Ticket von Kolumbien ins Ausland oder einem Rückflug von Peru oder etwas Vergleichbarem nach Kolumbien einreisen, bzw. das Flugzeug besteigen darf. Die Lösung war ein am Flughafen unter Druck online gekauftes Busticket von einer Stadt im Süden Kolumbiens nach Quito, der Hauptstadt Ecuadors für 180 $. Zum Vergleich: Inlandsflüge in Kolumbien kosten irgendwas zwischen 50 und 80 $.

Nach einem unspektakulärem Flug kamen wir kurz vor Sonnenuntergang in Bogotá an. Da wir fleißig Blogs gelesen hatten, wussten wir, welche Taxen man nehmen sollte und in welchen das Risiko besteht, von den Jungs in eher unangenehme Stadtteile mitgenommen zu werden, um da sein Gepäck abzugeben, nachdem man seine Kreditkarte bis zum Limit an verschiedenen Automaten geleert hat. Das Ganze nennt sich dann Paseo Millonario, bzw. Millionaire‘s Ride, denn 1 Euro entspricht ca. 3.700 kolumbianischen Pesos …
Unser Fahrer war entgegen unserer Befürchtungen aber vorbildlich, wir fuhren mit eingeschaltetem Taxameter und verriegelten Türen (es gab wohl auch Fälle von Raubüberfällen vom Motorrad aus) auf dem direkten Weg zu unserem Hostel. Die Stadt mit ihren mehr als 8 Millionen Einwohnern bricht unter dem Verkehr regelmäßig zusammen, der Abend machte keine Ausnahme.
Das Hostel war ein hinter einer Gasse mit Türsteher, hohen Wänden und Stacheldraht versteckter Bau um einen Innenhof mit Lagerfeuer und ziemlich entspannten Mitarbeitern. Nachdem wir uns auf Empfehlung noch todesmutig im Dunkeln über zwei Querstraßen in ein Restaurant gestürzt hatten – im Hostel gab es nichts zu essen und wir waren hungrig – ging es nach mehr als 20 wachen Stunden in die Heia.
Bei Tageslicht sah die Welt schon anders aus. Wir machten uns auf den Weg in das Zentrum der Altstadt und gönnten uns ein Frühstück in einem von Einheimischen gut besuchten Laden: Omelett mit Speck und frittierten Teig in verschiedenen Formen. Das ist ziemlich typisch für Kolumbien, wussten wir da aber noch nicht. Danach erkundeten wir im Rahmen einer geführten Fahrradtour die Stadt. Die ca. 30 anderen Touristen, die anfangs mit am Startpunkt waren, gaben einem weiter das Gefühl, nicht ganz falsch zu sein und dass das alles ohne Mord und Totschlag abgehen wird. Glücklicherweise wurde die Gruppe aufgeteilt, so dass es sich etwas weniger wie ein Klassenausflug für Erwachsene anfühlte.

Bogotá ist unglaublich riesig, selbst mit dem Fahrrad schafft man in vier Stunden nur einen winzigen Teil. Das reichte trotzdem, um das eindrucksvolle Nebeneinander von Menschen im Anzug, iPhones, modernen Bürotürmen und absoluter Armut mit Prostitution, Drogen und Obdachlosen zu sehen. Die Polizeipräsenz in der Altstadt, in der viele Reisende absteigen, war massiv (an jeder zweiten Ecke stehen Polizisten), laut den Einheimischen war das aber wie immer.
Am nächsten Tag kletterten wir die 600 Höhenmeter auf den Hausberg, was nicht spektakulär klingt, einen bei 2500 Meter über Null als Starthöhe aber schon etwas außer Puste bringt. Dann folgte ein Wechsel unsers Hostels in einen hipperen Stadtteil, in dem man auch nach Einbruch der Dunkelheit auf den großen Straßen herumlaufen konnte. In der Altstadt wird das wegen der deutlich erhöhten Gefahr von Raubüberfällen immer noch nicht empfohlen. Da es in Kolumbien das ganze Jahr um ca. 18:15 Uhr dunkel wird, schränkt das einen mehr ein als man anfangs denkt.
Nach vier Tagen Bogotá war der Jetlag deutlich gebessert und wir zum einen etwas eingewöhnt, zum anderen aber auch bereit, einen anderen Teil Kolumbiens kennenzulernen. Die Stadt war sehr eindrucksvoll, aber nicht unbedingt ein einfacher Einstieg. Was sicherlich auch daran lag, dass einen all die Schreckensgeschichten, die man nicht gut einordnen kann, wenn man noch nie da war, doch mit einiger Vorspannung füllen. Im Endeffekt ist uns nichts passiert, es gab keine einzige Situation, in der wir uns unsicher gefühlt haben und auch die anderen Reisenden, die wir getroffen haben, hatten keine derartigen Erlebnisse.