Beim Aussteigen aus dem Flugzeug registrierten wir als Erstes mit Freude das Fehlen der heissen Karibikschwüle. Trotzdem war es angenehm warm im Vergleich zum kalten Bogotá. Medellín wird die Stadt des ewigen Frühlings genannt (auch wenn wir im Rahmen der Regenzeit häufiger mal kurze Regengüsse hatten). Wir freuten uns, zwei Wochen am gleichen Ort zu verbringen.
Unsere Unterkunft in der ersten Woche war mitten im Restaurantviertel, was natürlich seinen Reiz hat. Allerdings hört man in Kolumbien auch beim klassischen Abendessen sehr laute Musik, gerne auch mit viel Bass. An den Donnerstagabenden, wenn die Kolumbianer aus- und feiern gehen, verschaffte uns das deep house bis in die frühen Morgenstunden. In der zweiten Woche zogen wir daher in ein in einem Wohnviertel gelegenes Hostel, wo uns die verrückte kolumbianische Inhaberin quasi adoptierte und jeden Abend unsere Spanischfortschritte hören wollte. Auch die venezualischen Angestellten hatten ihren Spass an unseren Aussprache-Versuchen.

Den Anfängerkurs der Toucan Sprachschule besuchten wir täglich von 9-13 Uhr. Jeder erhielt einen Turnbeutel mit Aufgabenheft und los ging’s in einem kleinen Klassenraum mit 5 anderen Reisenden (alle jünger als wir) und unserer kolumbianischen Lehrerin. Es gab eine kurze Pause zwischendurch, die wir im praktischerweise angeschlossenen Café verbrachten, und wir bekamen sogar Hausaufgaben auf. Wir fühlten uns wirklich wieder wie damals in der Schule, nur eben mit über 30 Jahren. Die Lehrmethoden waren mitunter deutlich moderner als damals, wir schauten zB Musikvideos und mussten die lyrics vervollständigen. Da unser Wissenstand ja vorher quasi gleich 0 war (bis auf so nützliche Vokabeln wie Pingüino – vielen Dank dafür, Duolingo App), machten wir schnell Fortschritte.
Durch unsere kolumbianischen Profesoras erhielten wir auch Einblick in die Sichtweise der Kolumbianer auf uns europäische Rucksacktouristen. In Kolumbien ist es quasi Gesetz, dass man morgens duscht. Dafür steht man möglicherweise auch um 4 Uhr morgens auf, denn ungeduscht in den Tag zu starten, ist keine Option. Abends zu duschen ist natürlich möglich, aber dann geht man morgens nochmal duschen. Grundsätzlich geht der Kolumbianer geschniegelt und gestriegelt vor die Tür. Vor allem die Frau, egal in welchem Alter, geht frisiert, geschminkt und parfümiert auf die Strasse. Sie zeigt Haut und trägt Schmuck und hohe Schuhe. Flipflops sind ein No-Go. Unsere Profesoras wechselten täglich vollständig ihr Outfit (natürlich im Gegensatz zu uns). Wenn ich mir hingegen die Backpacker so anschaue…da kann ich schon verstehen, dass die Kolumbianer glauben, dass wir alle stinken! Eine weitere Anekdote ist unser unnötig festes Zuschlagen der Autotüren, so dass angeblich einige Uberfahrer lieber keine Europäer mitnehmen wollen.
An den Nachmittagen und am Wochenende erkundeten wir mit unseren britischen „Klassenkameraden“ Medellíns Umgebung. Dazu nutzten wir häufig auch die schicke klimatisierte Metro (die einzige in Kolumbien), auf die sie natürlich entsprechend stolz sind. Hier wird plötzlich kein Müll mehr auf den Boden geworfen und auf den zuführenden Treppenstufen zu sitzen ist verboten. An einigen Endstationen geht die Metro in eine Art Gondellift über, mit der man auf die umgebenden Hügel Medellins kommt und einen großartigen Blick auf die 2,5 Millionen Einwohner Stadt hat. Einen Sonntag verbrachten wir im Naherholungsgebiet „Parque Arvi“ und genossen die Stille im Grünen.
An dem Wochenende des kolumbianischen Valentinstag gingen wir mit den anderen Sprachschülern feiern. Überall auf der Strasse bekamen wir Koks angeboten. Der Großteil der Gruppe wollte in einen angeblichen Salsa-Club. Tatsächlich waren wir umgeben von Kolumbianern, die ohne langes Vorgeplänkel eng umschlungen miteinander tanzten. Die Musik glich allerdings sehr dem uns bekannten Club-Mix, nur in spanisch mit Bassunterlegung. Auf unserem Heimweg stolperten Tobi und ich über eine Art Rock-Kneipe (natürlich inklusive dem Anlass entsprechender, kitschiger Herzchen-Deko), wo eine Liveband spielte und die Kolumbianer auf den Tischen tanzten. Durch den Hintereingang ließ der Türsteher uns für die letze Stunde noch rein.

Eine weitere Tour ging in die heute völlig touristisch überlaufene Comuna 13, die in den 80/90er Jahren angeblich der gefährlichste Ort der Welt war aufgrund des Terrorregimes rivalisierender Drogenbanden, rechter Paramilitärs und der linken Farc. Erst 2002 wurde durch zwei gewaltsame staatliche Militäroffensiven die Guerilla aus dem Viertel vertrieben. Heute erzählen Wände voller Graffities die Geschichte.
Auch der Besuch des Fußballstadions mit einem Spiel Medellín gegen Bogotá gehörte zu den Highlights. Medellín verlor leider, was die Stimmung der emotionalen Kolumbianer weiter erhitzte und zu noch mehr lautstarken Beschimpfungen um uns herum führte.
Gegen Ende unternahmen wir eine Tagestour nach Guatapé mit Erklimmen der 700 Stufen des Peñón und Blick auf die Stauseelandschaft sowie einem Nachmittag voller Faulenzen im bunten Ortskern.