Salento

Von Medellín aus ging es Richtung Süden, in die coffee region Kolumbiens. Die mit 9 Stunden angekündigte Busfahrt dauerte glücklicherweise nur 7,5 Stunden, was sich ein bisschen wie Weihnachten anfühlte. Man hat bei längeren Strecken üblicherweise entweder einen großen Reisebus oder einen Sprinter, der je nach Ausbau mehr oder weniger Platz für Beine in europäischer Länge lässt. Auf der Strecke hatten wir letzteren, allerdings mit ausreichend Platz. Wir schlugen die Zelte in einem kleinen Dorf namens Salento auf, was zwar sehr touristisch, aber nichtsdestotrotz nett und vor allem ruhig war.

Unsere erste Aktivität war eine Kaffeetour, was ungefähr alle Touristen machen, dementsprechend hatten wir nicht besonders gehobene Erwartungen. Diese wurden dann aber weit übertroffen, denn wir waren die einzigen beiden Touristen und der Kaffeeplantagen-Besitzer, ein Spanier, war eine sehr angenehme Mischung aus nett, informativ und verrückt. Wenn alles nach seinem Plan läuft, baut er in ein paar Jahren nicht nur Kaffee an, sondern hat auch ein Netzwerk an Röstern und exportiert direkt nach Europa. Unsere vorsichtig geäußerte Skepsis wurde nicht als solche wahrgenommen.

Ansonsten gibt es in Salento selbst nicht allzu viel zu tun, außer zu entspannen und andere Menschen und oder Hunde bei einem guten Kaffee zu beobachten. A propos Kaffee: Traurigerweise ist es in Kolumbien ziemlich schwer, guten Kaffee zu bekommen. Das Land ist zwar, je nach Quelle, der weltweit drittgrößte Produzent, bzw. viertgrößte Exporteur, aber eine Kaffeekultur in Bezug auf das Trinken etabliert sich gerade erst unter dem Einfluss der Touristen. An vielen Orten bekommt man nur Instant- oder einfach schlechten Kaffee. Eine Ausnahme ist der in Kolumbien tinto genannte, einfache schwarze Kaffee.

Streunende Hunde gibt es überall in Kolumbien, in Salento wirkten sie aber, wie man dem Bild hoffentlich ansehen kann, sehr entspannt und waren in der Regel sogar gepflegt. Taxen gibt es keine in Salento, dafür die von den Besitzern auf Hochglanz polierten Jeeps, mit denen man zu den Ausflugszielen, bzw. Wanderungs-Startpunkten gefahren wird. Warum, hat sich uns nicht wirklich erschlossen, denn die Wege sind alles geteerte Straßen. Sieht aber zugegebenermaßen cooler aus.
An einem Abend wurden wir nach dem Essen in einem Restaurant noch liebevoll genötigt, als Probetrinker auszuhelfen, da einer der Angestellten demnächst bei den nationalen Barista-Meisterschaften mitmacht. Der Kaffee war sehr gut, ich fühlte mich nach den drei Runden Kaffee (Nr. 5 – 7 an dem Tag) wie Bernd.

Die Regenzeit in Kolumbien bedeutet meistens einen guten Schutt pro Tag, manchmal aber mehr. Wir hatten den Start unserer 3-Tagestour in den Nationalpark Los Nevados wegen des Wetters um einen Tag verschoben und starteten bei strahlendem Sonnenschein durch das Valle de Cocora, in dem der kolumbianische „Nationalbaum“, die Wachspalme, wächst Richtung Nationalpark. Erste Pause war die Casa de los Colibríes, eine Ansammlung von Hütten im Urwald, in der die heimischen Kolibris mit gesüßtem Wasser in Kamera-Reichweite gelockt wurden und ziemlich an Menschen wie uns gewöhnt zu sein schienen.

Der weitere Weg wurde zunehmend unangenehmer und durch den Regen der vergangenen Tage war es so matschig, dass man über weite Strecken nicht wirklich gehen konnte, sondern hüpfen musste. Der Sonnenschein hatte mittlerweile einem leichten Dauerregen Platz gemacht, was die Stimmung nicht gerade hob. Hinzu kam, dass ich mich bei der Planung verguckt hatte und die Tagesetappe neben 1800 Höhenmetern knapp 18 km Strecke beinhaltete. Dementsprechend froh waren wir, als wir schließlich nach Einbruch der Dunkelheit (das ist in Kolumbien allerdings schon um kurz nach sechs) und ziemlich fertig in der Finca La Playa ankamen.
Die Bezeichnung Finca lässt einen großes hoffen, in Realität war es allerdings lediglich eine rudimentäre, zugige Hütte mit Bettenlager, das man, warum auch immer, von der Küche aus nur über einen, außerhalb der Hütte laufenden, Weg erreichen konnte. Wenn man durchnässt und nahe dem Ende der Kräfte ist, hat man zum Glück einen positiveren Blick auf die Welt.

Am zweiten Tag war lediglich eine vierstündige Tour zu einer Lagune in dem Hochland, dem Páramo, geplant. Das liegt zwischen 3600 und 3900 Metern und damit oberhalb der Baumgrenze. Weil in Kolumbien ein ganz anderes Klima herrscht als bei uns, ist trotz der großen Höhe noch reichlich Vegetation vorhanden. Die war in Reiseführern und Blogs als umwerfend, mind blowing und generell als etwas beschrieben, was man in seinem Leben sehen müsse. Vielleicht auch, weil es wieder so sehr regnete, dass unsere Regenjacken komplett durchnässt waren, konnten wir diese Begeisterung nicht ganz teilen.
Den Nachmittag verbrachten wir unter mehreren Wolldecken im Schlaflager (geheizt wurde aufgrund von Holzmangel nur der Ofen in der Küche zum Essen machen).

Am letzten Tag wurde das Wetter endlich besser, sodass der Abstieg der erfreulichste Teil unseres Treks war. Wegen des Dauerregens in den vergangenen Tagen hatten wir auf dem ersten Abschnitt des Heimwegs die im Hostel ausgeliehenen Gummistiefel angezogen und das auch nicht bereut.
Wieder zurück im Valle de Cocora begann sogar die Sonne zu scheinen und wir hatten doch noch die Gelegenheit, uns die Wachspalmen von der anderen Talseite anzuschauen. Anschließend ging es mit dem Jeep wieder zurück nach Salento und zu einer langen, heißen Dusche.

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