Feuerland

Bei Wicked Campers nahmen wir unser zu Hause für den nächsten Monat in Empfang. Man hat keine Wahl bezüglich des Motivs auf dem Van und auch wenn ich anfangs nicht begeistert war, sollte sich der Breaking Bad Van im Laufe unserer Fahrt als gute Wahl erweisen: Wir wurden immer wieder von Chilenen und Argentiniern und auch ein paar Touristen angequatscht, die von dem Graffiti völlig begeistert waren. Leichter kommt es sich kaum ins Gespräch mit Einheimischen. Wobei Gespräch eine nette Übertreibung ist, denn unsere Spanisch-Kenntnisse beschränken sich trotz mehr oder weniger fleißigem Üben auf Alltagssituationen (und Inneneinrichtung). Der trotz der langen Zeit von uns leider nicht getaufte Van hatte ein Chevrolet-Logo vorne drauf, war aber, wie wir aus gut informierten Quellen erfahren haben (Vielen Dank an Claudio!), eine chinesische Produktion. Das von den Maßen an einen Umzugskarton auf Rädern erinnernde Ding war so basal wie es geht: Keine Airbags, keine Servolenkung und keine Zentralverriegelung. Für die gut 120.000 km auf dem Tacho sah es auch schon reichlich mitgenommen aus, was uns im Nachhinein allerdings deutlich weniger als beim Abholen wunderte. Uns hat die Kiste bis zum Ende gute Dienste erwiesen, ohne ein einziges ernsthaftes Problem.

Man kann deutlich komfortabler unterwegs sein in Patagonien, dann lässt man aber auch entsprechend mehr Geld auf dem Tisch, denn so weit weg von allem anderen auf der Welt (das Zentrum Chiles und Argentiniens eingeschlossen) ist alles ziemlich teuer. Wir haben für 32 Tage in der Hauptsaison, die von Dezember bis März reicht, ca. 2500 € gezahlt, was die mit Abstand günstigste Option war. Ernsthafte Alternativen waren nur Fahrzeuge mit Dachzelt gewesen, gegen die wir uns wegen einiger Berichte von Regen und patagonischen Winden entschlossen hatten, eine Wahl, die wir nicht bereuten. Die klassischen Autovermieter versuchen gerne, einem riesige Pickups mit Allradantrieb für deutlich mehr Geld anzubieten unterzuschieben, in dem sie mit der Angst der Touristen vor nicht asphaltierten Straßen spielen. Dementsprechend häufig sieht man diese Schiffe, aber wir können mit gutem Gewissen behaupten, bis auf sehr vereinzelte Ausnahmen überall problemlos hingekommen zu sein …

Tag 1 – 21.12.

Bei strahlendem Sonnenschein kurbelte uns Helena vom Hof der Vermieter und in einen Supermarkt, denn jetzt mussten erst mal Verpflegung und vor allem Schlafsäcke her. Der Vergnügungsfaktor eines Einkaufs am letzten Samstag vor Weihnachten ist in Chile genauso groß wie in Deutschland. Am frühen Abend war das aber schließlich auch überstanden und wir auf dem Weg nordostwärts in Richtung der Fähre nach Tierra del Fuego, Feuerland.

Es lässt sich nicht oft genug betonen, wie angenehm legales Campen an jedem Ort, der nicht als Privatgrundstück gekennzeichnet oder umzäunt ist, für das Reisen mit so einem Van ist. Die erste Nacht verbrachten wir in der recht abwechslungslosen Pampa nördlich der Magellanstraße zwischen Weiden mit mäßig interessierten Schafen.

Tag 2 – 22.12.

Helena mit Wrack

Nach einem kurzen Fotostop in einem Geisterdorf inklusive Schiffswrack an der Küste ging es auf die Fähre hinüber nach Feuerland. Die 30-minütige Fahrt war ereignislos und die Fähre halb leer, da es alle 20 Minuten ein Schiff gibt. Auf der anderen Seite der Magellanstraße fuhren wir zum winzigen Parque Pinguino Rey, in dem sich vor nicht all zu langer Zeit eine Kolonie von ca. 70 Königspinguinen angesiedelt hat. Diese wurden, je nachdem, wen von uns beiden man fragt, angemessen oder auch ganz schön lange bestaunt, bevor die Fahrt Richtung Süden weiterging. Die Straßen sind bis auf die große Panamericana, die sich von Norden nach Süden durch den chilenischen und argentinischen Teil Feuerlands zieht, alle nicht asphaltiert, aber in gutem Zustand. Tankstellen sind allerdings rar gesät, dementsprechend empfehlen alle Blogs – und die Menschen von Wicked – immer zu tanken, wenn es eine Möglichkeit gibt. Wir schafften es an diesem Tag zwar zu der angepeilten Tankstelle in einem 10-Häuser-Nest namens Russfin, aber die war bereits geschlossen. Also ab an eine schöne Stelle im Grünen neben der Straße und Abendessen kochen, um es am nächsten Morgen zu versuchen.

Trotz Sommers herrschen in Patagonien ziemlich frische Temperaturen, sobald man nicht in der Sonne ist und generell, wenn Wind weht. Das tut er fast immer und meist auch nicht zu knapp. Es heißt, man kann hier alle vier Jahreszeiten an einem Tag erleben und bis auf Schnee können wir das vorbehaltlos bestätigen.

Tag 3 – 23.12.

Tankstelle in Russfin
„Tankstelle“ in Russfin

Getankt wurde im Hof einer Fabrik, nachdem der LKW vor uns einen mäßig motivierten Mitarbeiter der Firma herbeischrie, denn in Chile und Argentinien tankt man niemals selbst. Von dort ging es weiter Richtung Süden, bis wir am späten Vormittag am Ufer des wunderschönen Lago Blanco ankamen. Der Tag war sonnig, aber so windig, dass wir nur im Windschatten unseres Vans sitzen konnten ohne zu erfrieren. Nach dem ersten – immerhin erfolgreichen – Lagerfeuerversuch flohen wir noch vor Sonnenuntergang in den Van. An dieser Strategie hat sich im weiteren Verlauf der Fahrt erst am Ende etwas geändert, denn 15 °C tagsüber werden schnell weniger, wenn die Sonne nicht mehr wärmt.

Tag 4 – 24.12.

Ab heute hatten wir unser AirBnB in Ushuaia als Weihnachtsgeschenk an uns selbst. Dementsprechend starteten wir voller Vorfreude, überquerten einen winzigen Grenzübergang im Nirgendwo der Steppe und fuhren am Schluss wieder auf der (asphaltierten) Panamericana nach Süden. Man fährt an türkisen Seen vorbei und in der Ferne sieht man die schneebedeckten Gipfel der Cordillera Darwin.

Ushuaia selbst ist ein mäßig schönes Städtchen mit ca. 50.000 Einwohnern und einem sehr touristischen Zentrum, denn hier starten viele Antarktis-Kreuzfahrten. Unser AirBnb war zum Glück außerhalb, deswegen wurden wir zwar nicht von Reiseveranstaltern und Restaurant-Angestellten belagert, aber wahnsinnig begeistert von dem Ort waren wir trotzdem nicht.

Um ein Treffen mit der Vermieterin zu koordinieren ging es zunächst noch schnell in eine Pizzeria mit WLAN. Die Wohnung war wunderschön und Helena bereits in nur noch knapp submaximaler Weihnachtsstimmung. Nach einem erstaunlich erfolgreichen Lebensmitteleinkauf begannen wir zum einen mit kochen und zum anderen mit chilenischem Rotwein aus dem Supermarkt, der ebenfalls erstaunlich gut war. Zum Abendessen gab es Lasagne im Schein unserer peruanischen Weihnachtsdeko und anschließend noch Mord mit Aussicht bei den besten Lindor-Kugeln, die wir je hatten.

Am 1. Weihnachtsfeiertag passierte außer einem kurzen Spaziergang und dem erfolgreichen Zubereiten (und Essen) von Knödeln, Rotkohl und Rinderfilet nichts Spektakuläres. Viele der Argentinier grillten bei Sonnenschein in ihren Vorgärten, was definitiv eine andere Weihnachtsstimmung vermittelt als die deutsche.

Tag 5 & 6 – 26. / 27.12.

Etwas wehmütig verließen wir unser AirBnb und fuhren nach einem kurzen Abstecher zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Stadt in den Nationalpark Tierra del Fuego. Der liegt an der Grenze zu Chile und soll irgendwann über eine Straße mit der chilenischen Seite verbunden werden, aber das wird wohl noch dauern. Bis dahin kann man über wunderschöne Wanderwege am Beagle-Kanal und bis zur chilenischen Grenze mitten im Wald, deren Überquerung natürlich trotzdem strengstens verboten ist, wandern.

Tag 7 – 28.12.

Mit Blick auf unseren Abgabe-Ort ca. 2500 km weiter nördlich machten wir uns langsam in dessen Richtung auf. Da die schönsten Wildcamping-Orte abseits der großen Straßen sind, verließen wir die Panamericana wieder und verbrachten die Nacht am Lago Yehuin neben einem verlassenen und etwas gruseligen Hotel.

Tag 8 – 29.12.

iOverland ist eine App, in der alles, was der betuchte Obdachlose so braucht, eingetragen ist. Sprich, Campingplätze, Tankstellen, Wildcamping-spots und nicht zuletzt auch öffentlich Duschen. Solche gibt es nämlich in dem verschlafenen Nest Cerro Sombrero und so ging es nach einem längeren Zwischenstop wieder wohlriechend gen Fähre Richtung Festland. Vorher musste natürlich noch die Grenze zurück nach Chile überquert werden, was diesmal zum Glück ohne Spürhund über die Bühne ging.

In Chile kann man von Südpatagonien aus nur mit dem Schiff nach Norden gelangen also blieben wir im Osten und reisten noch am selben Tag wieder in Argentinien ein (mit einem Blick auf die Karte macht das dann auch Sinn).

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