Bevor es nach Kaikoura zum whale watching ging, gönnten wir uns einen Zwischenstopp in der bekanntesten Weinregion der Südinsel. Die liegt noch im südlichen Marlborough und damit angenehm mittig auf unserer Strecke. Nach der Rückfahrt durch die Marlborough Sounds kamen wir am frühen Nachmittag in Renwick, einem kleinen Örtchen, umgeben von Rebstöcken, an.
Unsere etablierte Strategie, zwei Weinproben zu machen, kam auch hier zur Anwendung. Fairerweise muss man sagen, dass unser Reisetempo und die Öffnungszeiten der Weingüter darauf mindestens genauso viel Einfluss haben, wie die Einsicht, dass man nicht viel mehr probieren kann, wenn man noch ernsthaft Unterschiede merken möchte …
Wir hatten uns entschieden, mal wieder eine Nacht im Auto zu schlafen und ließen uns daher beim Abendessen im örtlichen Pub Zeit. Vielleicht haben wir das schon erwähnt, aber der Neuseeländer an sich scheint Kälte nicht zu spüren: Während wir drinnen in die Nähe des Feuers umzogen und trotzdem noch ein Fleece trugen, saß mindestens die Hälfte der anderen Gäste draußen und das teilweise in kurzer Hose. Die Kombination aus Daunenjacke und Shorts sieht man hier relativ häufig, wobei die Daunenjacke in dem Fall optional ist …
Am nächsten Morgen hatten wir Eis an der Innen- und Außenseite unserer Scheiben, was die Lust auf’s Aufstehen nicht gerade steigerte, denn in unseren Schlafsäcken war es (mit langer Unterwäsche und Socken) gerade noch angenehm. Die aufgehende Sonne und der Hunger motivierten uns dann schließlich doch und wir fuhren in den Nachbarort Blenheim, wo wir uns in einem hochgelobten Laden ebenso hochgelobte pies mit Kaffee holten. Einer von uns war so begeistert, dass er oder sie unbedingt einen Zweiten essen wollte, was zu einem gewissen Völlegefühl auf der Weiterfahrt führte.

Der State Highway 1 führt den Großteil der Strecke auf der Südinsel direkt an der Ostküste entlang, so dass man fast durchgehend auf das Meer auf der einen und die Southern Alps auf der anderen Seite schaut. Wie alle highways außerhalb von großen Städten ist auch dieser nur einspurig mit alle paar Kilometer eingestreuten Überholspuren. Das ist weniger störend, als man das als Deutscher vermuten könnte, denn das generelle Tempolimit von 100 km/h gilt für Autos und LKW.

Allerdings führt die Einspurigkeit bei mehr als Kleinigkeiten an einer Baustelle zu Ampelschaltungen, an denen nur eine Fahrtrichtung zur Zeit offen ist. Die Baustellen sind immer noch mit der Beseitigung von Schäden eines Erdbebens, das 2016 sein Epizentrum in Kaikoura hatte, beschäftigt. Durch Neuseelands Lage an einer tektonischen Plattengrenze sind Erdbeben hier eher die Regel als die Ausnahme, allerdings sind die meisten zu schwach für die menschliche Wahrnehmung (wir haben noch keine bemerkt in unseren sechs Monaten).

Kaikoura selbst ist ein kleines Örtchen, das vor allem für die dort gut zu beobachtenden Wale, Delphine und Seevögel bekannt ist. Es ist traumhaft auf einer Halbinsel gelegen, von der aus man einen grandiosen Blick über das Meer auf die momentan schneebedeckten Berge der Kaikoura Range hat.
Wir verbrachten den Nachmittag mit einem Spaziergang an den Klippen und Stränden der Halbinsel, wo sich wieder mal eine riesige Robbenkolonie in der Sonne räkelte. Unterwegs trafen wir ein paar Einheimische, die (immerhin im Neopren) an den der Küste vorgelagerten Felsen alles mögliche Getier gesammelt hatten, unter anderem Seeigel. Auf meine Frage, was man an einem Seeigel denn essen könne, wurde prompt einer auf einem Stein zerschlagen, denn das geleeartige Innere wird generell roh gegessen. Das Essen kostete etwas Überwindung, aber geschmacklich fand ich es nicht besonders anders als sonstigen seafood. Helena schon, die brachte es nicht herunter.

Für den nächsten Morgen um 7 Uhr hatten wir das whale watching gebucht: Vor Kaikoura gibt es ganzjährig Pottwale und je nach Saison auch Buckelwale. Wir fuhren, zusammen mit ca. 40 anderen Touristen, auf einem Boot hinaus und wurden währenddessen von einer Mitarbeiterin mit Unmengen an Informationen zu den Tieren versorgt.
Während der Fahrt steht ein Mitarbeiter auf dem Dach der Kabine und hält Ausschau nach den „blows“ also der ausgeatmeten Luft, wenn die Tiere an der Oberfläche sind. Nach dem ersten Fehlalarm kam ein Hydrophon zum Einsatz, mit diesem können die Wale, die sich beim Tauchen mittels Echolot orientieren, gut geortet werden. Bzw. weiß man, dass, wenn die Klicks aufhören, der Wal auftaucht.

Wir sahen während unserer gut zwei Stunden auf dem Wasser insgesamt drei Pottwale, die sich laut der Mitarbeiterin vor Kaikoura meist nach einem sehr berechenbaren Muster verhalten: Sie tauchen für ca. 45 Minuten und kommen dann zum Atmen für mehrere Minuten an die Oberfläche. Bei einer Atemfrequenz von ungefähr fünf Zügen pro Minute ist das eine sehr überschaubare Menge an Atemzügen, während derer sie vor allem ihre Muskeln wieder mit Sauerstoff anreichern.
Während die Pottwale an der Oberfläche sind, sieht man nur einen sehr kleinen Teil des riesigen Körpers, denn im Gegensatz zu den Buckelwalen springen sie leider nicht. Unser Boot stoppte meistens parallel zur Längsseite der Wale in einem Abstand von nicht mehr als 15 Metern. Laut den Angestellten greifen Pottwale niemals Boote an und wohl auch selten andere Säuger. Das klingt schwer vorstellbar, aber auch wir haben eine Robbe gesehen, die um einen Wal an der Oberfläche herumschwamm und nicht sehr besorgt wirkte …

Beim Abtauchen recken die Wale die charakteristische Schwanzflosse aus dem Wasser, anhand derer sie auch identifiziert werden können (die Kante ist, quasi wie ein Fingerabdruck, bei jedem Wal anders). In Kaikoura bekommt man zu den Tieren als Sahnehäubchen noch die schneebedeckten Berge im Hintergrund. Nach dem dritten Wal und nachdem wir noch einen Felsen voller Möwen und Kormorane aus der Nähe besichtigt hatten, fuhren wir zurück.

Unser nächstes Ziel war das im Landesinneren gelegene Hanmer Springs, ein – wie immer – süßer kleiner Ort, der für seine heiße Quellen bekannt ist. Obwohl Hanmer Springs nicht sehr hoch liegt, kann es hier im Winter schneien, aktuell war es jedoch so warm, dass nur auf den Bergspitzen kleine Schneereste lagen.
Wir nutzten den sonnigen Anreisetag noch für die Besteigung des nahegelegenen Mount Isobel, danach war wieder mal Regen angekündigt. Der blieb allerdings aus, so dass wir an Helenas Geburtstag noch einen Ausflug in eines der Hochtäler im Hinterland machten. Eigentlich war der Plan, am frühen Nachmittag zurück zu sein, aber die Schlaglöcher auf der ungeteerten Straße machten die Tour zu einer Ganztagsunternehmung.
Den Abschluss in Hanmer Springs bildete ein Besuch in den Thermal Pools. In denen gibt es neben einer Unmenge an Becken von 33 – 42 °C auch mehrere Rutschen, die auch Erwachsenen (zumindest manchen) noch Spaß machen, vor allem eine, in der man am Ende in einem Schlauchboot quasi durch den Abfluss einer riesigen Schüssel gespült wird.
