Nach dem Abel Tasman Nationalpark machten wir noch einen kurzen Abstecher zum Farewell Spit, der nördlichen Spitze der Südinsel. Unterwegs werden die Örtchen immer winziger, bis man nur noch Campingplätze vorfindet. Auf einem dieser Campingplätze schliefen wir erneut in Grace, da die wenigen Unterkünfte tatsächlich alle von den Neuseeländern in ihren Winter-Schulferien ausgebucht waren. Wir checkten alle Aussichtspunkte und spazierten an der rauen Küste mit ihren Felsformationen entlang, an der normalerweise ein große Vielfalt an Vögeln vorzufinden ist. Die hatten sich aber im Winter zum Großteil nach Australien verabschiedet, so dass wir bald ins Landesinnere zum Nelson Lakes Nationalpark aufbrachen.
Dieser umfasst den nördlichsten Teil der südlichen Alpen sowie mehrere Seen, die nach der letzten Eiszeit in von Gletschern hinterlassenen Vertiefungen entstanden sind. Mitten durch den Park zieht sich eine tektonische Plattengrenze und man glaubt, das der wilden Landschaft mit ihren steilen gezackten Bergrücken und tiefen Tälern auch anzusehen. Wir entschieden uns für zwei Tagestouren, von denen vor allem die erste in Erinnerung bleiben wird. Frühmorgens brachen wir am See auf und erklommen 1100 Höhenmeter bis zur St. Arnaud Range. Oben angekommen wurden wir mit spektakulären Blicken in das dahinter liegende, verschneite Tal mit eingefrorenen Bergseen belohnt. Die Orkan-ähnliche Antarktisbrise verhinderte allerdings ein längeres Verweilen und konnte selbst Tobi schon nach 250 Fotos zum Abstieg motivieren.
Auf dem Rückweg konnten wir uns noch von der Funktionsfähigkeit der Possum Fallen des DOC überzeugen, das verzweifelt versucht, die eingeschleppte Plage in den Griff zu bekommen. Man ist immer hin- und hergerissen, da die armen Viecher selbst ja auch nichts dafür können. Das DOC hält dagegen mit Fotos von Vogeleiern mampfenden Possums …

Die zweite Tageswanderung auf den vergleichsweise kleinen Mount Robert gestaltete sich fast als Spaziergang nach der Anstrengung vom Vortag und bot eher weite Ausblicke über See und Tal.
Übernachtet hatten wir erstmals in einem kleinen Bed&Breakfast, in dem die Gäste am Abend gemeinsam beim (vom Nachbarn schwarz gekelterten) Portwein zusammen saßen. Wir bekamen einen kleinen Einblick in das Leben eines neuseeländischen Milchwirtschaft-Großfarmers und in die kontroversen Ansichten unserer linksliberalen Gastgeberin dazu. Eine Flasche von dem vorzüglichen Portwein haben wir übrigens für die weitere Reise erworben …
Die nächste Regenfront saßen wir in dem kleinen Picton am Meer aus. Positivste Erinnerung an den Ort selbst wird die holländische Bäckerei mit ihren traumhaften Schokocroissants bleiben. In den Ort kommt (nur), wer die Fähre nimmt, die Süd- und Nordinsel verbindet, oder, wer von hier aus die Marlborough Sounds erkunden will: Ein Gebiet von etwa 4000 km2 voller Fjorde, Inseln und Halbinseln, das durch eine Kombination aus steigendem Meeresspiegel und Bodenabsenkung entstanden ist.

Wir hatten eine kleine Lodge in einem der Fjorde gefunden, die nur Corona-bedingt diesen Winter geöffnet hatte. Für die 92 km panorama- und serpentinenreiche Anfahrt über Land benötigten wir über drei Stunden. Bei einem unserer Fotostopps bekamen wir Besuch von zwei neugierigen Robben, die für die Kamera zu posieren schienen. Neben diesen beiden konnten wir, etwas weiter entfernt, Tölpel im Sturzflug auf der Jagd nach Fischen und sogar Delfine beobachten.
Auf der Lodge angekommen wurden wir von Mike, dem Inhaber, mit Kaffee und selbstgemachten Zimtschnecken willkommmen geheißen und sofort in ein spannendes Gespräch verwickelt. Er war vorsichtig positiv gestimmt, trotz Corona über die Runden zu kommen, da er nun deutlich mehr neuseeländische Gäste bewirtete als üblich. Besonders schön war seine Aussage, dass er die Verlängerung der Touristenvisa durch die Regierung gutheiße, da er sich über das internationale Klima in seinem Land freue und ohne uns ausländische Touristen eine andere Stimmung herrsche …
Der Aufenthalt wurde noch besser, als alle Gäste am Abend zum großen Muschelessen eingeladen wurden. Bis Mike uns zum “Fangen” auf der Muschelfarm seiner Freunde mit dem Boot mitnahm, hatte ich von den berühmten green-tipped mussels der Region nur gelesen. Jetzt kann ich bestätigen, dass sie nicht nur schön aussehen, sondern auch hervorragend schmecken.
Die restliche Zeit auf der Lodge verbrachten wir mit einer Fahrradtour zu einem Schiffswrack, einer kleinen Lesestunde in einem der Ruderboote und einem heißen Bad im Outdoorpool unterm Sternenhimmel. Am dritten Tag wieder aufzubrechen, fiel uns verdammt schwer, aber das whale watching war gebucht und Kaikoura in weiter Ferne.