Der Süden vom Süden

Aus Otago ging es weiter in den Süden nach Southland, zunächst nach Fjordland. Unser Ziel war Milford Sound, ein Fjord, der jedes Jahr 1 Million Besucher anzieht. Der angrenzende Great Walk war durch einen Erdrutsch nur zur Hälfte begehbar, so dass wir uns – wie die Mehrheit der Touristen – für eine Bootsfahrt durch den 14 km langen Fjord entschieden. Normalerweise ist auch hier alles wochenlang im Voraus ausgebucht. Wir hatten tagelang den Wetterbericht verfolgt und konnten so für den Folgetag buchen, was uns in der nassen Region (jährlich ca. 6700 mm Niederschlag, zum Vergleich 800 mm in Aachen) einen grandios sonnigen Tag bescherte.

Auf der laut Reiseführer bereits malerischen Anfahrt von 120 km über einen Bergpass war davon zwar noch nichts zu bemerken, aber die Bootsfahrt selbst konnten wir durchgängig trocken und mit bestem Blick auf dem Deck verbringen. Von seiner engsten Stelle mit 455 m öffnet sich der Fjord zur Tasmanischen See hin auf ca. 3 km Breite. Beeindruckend sind aber die steilen Felswände, die direkt vor einem aus dem türkisen Wasser bis auf eine Höhe von knapp 1700 m ragen.

Es gibt Menschen, die Milford Sound als den schönsten Ort Neuseelands, sogar der ganzen Welt und als 8. Weltwunder beschreiben. So enthusiastisch waren wir ehrlicherweise nicht. Es war ein sehr schöner und beeindruckender Nachmittag, aber da würden uns persönlich tatsächlich noch schönere Orte in Neuseeland einfallen.

Wir übernachteten vor Ort auf einem Campingplatz, wo wir noch unterhaltsamen Besuch von mehreren Keas, den Bergpapageien Neuseelands, erhielten. So konnten wir am nächsten Morgen die tatsächlich landschaftlich tolle Rückfahrt bei etwas besserem Wetter starten und noch kleine Abstecher zu einem Bergsee und den Mirror Lakes unternehmen. Die unterwegs regelmäßig angebrachten Lawinen-Warnschilder führten nur zu einem kleinen Schmunzeln angesichts der bis auf die Gipfel schneefreien Berghänge.

Southland, die südliche Spitze der Insel, ist auf Grund seiner Lage westlichen und südwestlichen Winden besonders ausgesetzt. Sie bringen (Überraschung) kühles und regenreiches Wetter. Die Vorhersage versprach für die nächsten Tage erstaunlich gutes Wetter, so dass wir uns dazu durchrungen, Invercargill, dem Zentrum der Region, eine Chance zu geben. Was soll ich sagen … wir haben es wirklich versucht, aber in dieser Stadt gibt es kaum – seien wir ehrlich – keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten, die eine extra Anfahrt rechtfertigen würden. Sorry, Invercargill.

Windgepeitsche Bäume in Southland

Beim Bau der Stadt ging man wohl davon aus, dass hier mal deutlich mehr Menschen leben würden, so dass alle Straßen extrem weit und groß angelegt sind, was auch nicht zu einer gemütlichen Atmosphäre beiträgt. Das haben auch die Invercargiller bemerkt und wollen im inneren Zentrum eine neue Einkaufsmeile gestalten. Bei unserem Besuch war der Stand der Bauarbeiten ein charmantes Schutt- und Geröllfeld.

Invercargill

Unser Aufenthalt war trotzdem schön, da wir das beste Hostel unserer Reise gefunden hatten! Eine gemütliche alte Villa mit Blümchentapeten und -vorhängen im Inneren, so dass man eher das Gefühl hatte, bei Großeltern privat zu Hause zu sein, anstatt in einer Jugendherberge. Die blitzblanke Küche mit Spülmaschine (!) hat sicher auch zu unserer Meinungsbildung beigetragen. Vor allem aber war die Raumtemperatur in einem angenehmen Bereich, sodass man abends mehrere Stunden gemütlich auf der Couch lesen konnte.

Der Kiwi an sich scheint Kälte weder draußen, noch innerhalb eines Gebäudes zu bemerken. Wem ich noch nicht mein Leid geklagt habe, hier ein kleiner Eindruck der neuseeländischen Heiztaktik: Generell sind Häuser extrem schlecht isoliert und Fenster einfach verglast. Warum, verstehen wir nicht, denn es ist keinesfalls so, dass es keine doppelt-verglasten Fenster in Neuseeland geben würde. Auch der Fensterrahmen ist maximal undicht. Teilweise bewegen sich die Vorhänge, wenn draußen ein Windzug vorbei weht. Geheizt wird meist mit Kaminfeuer im zentralen Raum am Abend, in allen anderen Räumen nur situativ mit elektrischen Heizlüftern oder Strahlern (in Bad und Küche generell nicht). Das führt im schlimmsten Fall dazu, dass man z.B. sein Hostelzimmer am Abend über Stunden auf 20 Grad “hochheizt” und am nächsten Morgen mit 14 Grad Innenraumtemperatur und komplett nassen Fenstern aufwacht. Für alle, die sich über die genauen Zahlen wundern, Tobi hat ein Thermometer gekauft, um auszuschließen, dass wir die Verrückten sind. Strom ist hier etwas billiger als in Deutschland, aber rechnen kann sich das nach unserem deutschen Verständnis trotzdem nicht …

Keas auf dem Campingplatz