Tag 9 & 10 – 30. / 31.12.2019
Den Westen des südlichen Argentiniens mit seinen Highlights El Chalten und El Calafate hatten wir bereits mit Annette erkundet. Die argentinische Atlantikküste im Osten hingegen bietet nur wenig Sehenswürdigkeiten. Eine davon, den Parque Nacional Monte Leon, nutzten wir für einen Besuch einer Magellan-Pinguin Kolonie. Den natürlichen Feind unserer schwarz-weißen Freunde stellt in dieser Region tatsächlich der Puma dar, den wir aber trotz großer Bemühungen leider nicht zu sehen bekamen (sorry Annette).
Ansonsten verbrachten wir den Großteil der beiden Tage damit, die 800 km Autostrecke durch die monotone argentinische Steppe hinter uns zu bringen. Die Weite der Landschaft hat schon etwas, auch wenn die Tage heiß und staubig waren… Neben Guanacos und Nandus begegneten wir kaum einer Menschenseele. Der Großteil führte über die berühmte Ruta 40, die geteert und ähnlich unseren Landstraßen angenehm zu fahren ist (100 km/h Maximalgeschwindigkeit). Die letzten 100 km zum Grenzübergang nach Chile (das vorerst letzte Mal) jedoch waren dirtroad und entsprechend nur mit ca. 30 km/h zu befahren. Dabei machte die Landschaft einen traumhaften Wandel und wurde grüner und grüner. Gleichzeitig tauchten im Hintergrund die schneebedeckten Spitzen der Anden auf. An dem verschlafenen kleinen Grenzhäuschen im Nirgendwo waren wir beim Aussteigen von Hühnern und Pferden umgeben und dem Grenzbeamten wünschten wir einen guten Rutsch. Auf chilenischer Seite befindet man sich direkt im Parque Nacional Patagonia (verwirrender Name, ich weiß), wo wir um 20 Uhr unserer Zeit mit einem Dosenbier auf den deutschen Jahreswechsel anstießen und dann vor Mitternacht ins Bett krochen. Auf dem gut besuchten Campingplatz blieb alles still.
Tag 11 & 12 – 01. / 02.01.2020
Die beiden nächsten Tage verbrachten wir bei herrlichstem Sonnenschein im Parque Nacional Patagonia mit Wanderungen zu verschiedenen Lagunen. Eine davon hat uns mit ihrem türkisen Wasser so angelacht, dass wir spontan rein gehüpft sind – für so 30 Sekunden etwa.
Noch deutlich besser hätte uns der Park gefallen, wären wir nicht von Myriaden von Bremsen heimgesucht worden. Diese äußerst penetranten Viecher sind wirklich die Pest. Sie fliegen ausgesprochen nervtötend, laut summend in enger werdenden Kreisen um einen herum und verursachen schmerzhafte Bisse, die auf Handteller Größe anschwellen. Auch DEET hält sie nicht ab, nur mit konstantem Wedeln und ständigem Schlagen auf die eigenen Extremitäten kann man die Bisse glücklicherweise fast immer vermeiden. Der patagonische Wind in den höhergelegenen Abschnitten verschafft einem sehr willkommene Pausen beim Wedeln.
Tag 13 & 14 – 03. / 04.01.
In dem vergleichsweise großen Örtchen Cochrane (ca. 3000 Einwohner) füllten wir nochmal unsere Lebensmittelvorräte auf und starteten unseren Roadtrip auf der berühmtem Ruta 7. Die sogenannte Carretera Austral, die über 1240 Kilometer durch das nördliche Patagonien Chiles verläuft, stellt die einzige Verbindungsstraße für die Region dar. Weite Abschnitte sind weiterhin ungeteert und sie wird hin und wieder durch Fjorde mit der Notwendigkeit einer Fährfahrt unterbrochen. Frisches Obst und Gemüse wird höchstens einmal wöchentlich angeliefert. Die Abgeschiedenheit und langen Transportwege schlagen sich auch in den Preisen von ungefähr allem nieder. Durchschnittlich lebt hier weniger als ein Einwohner auf einem Quadratkilometer und das macht mit einen großen Teil des Reizes aus: Die unwirkliche und unberührte Landschaft Patagoniens, die wir durch das eigene Gefährt und das wilde Campen noch besser genießen konnten.
Auf der Straße selbst herrschte im Vergleich zu Feuerland wieder mehr Verkehr. Hauptsächlich waren es Pickups mit hohem Radstand, die uns meist inmitten einer riesigen Staubwolke überholten. Die ebenfalls in dieser Wolke verschwindenden Fahrradfahrer taten uns aber noch mehr leid, trotzdem scheint die Route auch bei ihnen ungeheuer beliebt.
Unser gewählter Grenzübergang ist der südlichste mit einem Auto passierbare aus Argentinien. Mit diesem stößt man im unteren Drittel auf die Carretera Austral, daher folgte zunächst ein kurzer Schlenker nach Süden.

Unser erstes Ziel war Villa O‘Higgins mit seinen etwa 400 Einwohnern am südlichen Ende der Carretera Austral, das Ende der Zivilisation für längere Zeit. Wer von hier aus noch weiter in den Süden will, braucht eine Kombi aus Wanderung, Pferderücken und Bootsfahrt…
Beim Frühstück in unserem wild camping spot bekamen wir Besuch von einer kleinen Pferdeherde. Leider begann hier unsere Wetter-Pechsträhne und der Regen der Vornacht hatte die von uns auserkorene Wanderstrecke überschwemmt. Die Alternativstrecke, auf der wir drei Stunden in Richtung eines Aussichtspunkts liefen, war durch einen Erdrutsch kurz vor dem Ende unpassierbar geworden. Trotzdem konnten wir in dem kleinen verschlafenen Nest zumindest aus der Ferne die Ausblicke auf verschiedene Gletscher des südlichen patagonischen Eisfelds genießen und im Café eines französischen Aussteiger-Pärchens bekamen wir fantastische Nutella Crêpes.
Tag 15 – 05.01.
Von Villa O‘Higgins ging es von nun an nordwärts auf der Carretera Austral. Als nächstes folgte Caleta Tortel (ca. 300 Einwohner), von der UNESCO ausgezeichnet für seine hölzernen Stege aus Zypressen, welche die zwischen Berghang und Meeresbucht gelegenen Häuser miteinander verbinden. Selbst der Plaza de Armas steht auf Stelzen. Tobi gelang es, auch durch den Regen hindurch den Charme des Dorfes auszumachen …
Tag 16, 17 & 18 – 06. / 07. / 08.01.
Nach kurzen Abstechern in den winzigen Siedlungen Puerto Guadal und Puerto Bertrand, denen der patagonische Sommer ein wunderschönes Blumenmeer bescherte, erreichten wir im eisigen Dauerregen Puerto Rio Tranquilo, wo wir uns einen offiziellen Campingplatz suchten, um zumindest im Trockenen kochen zu können. Irgendwie schafften wir es, die kleine Regenpause am nächsten Vormittag für unsere Kayaktour zu den Marmorhöhlen abzupassen. Ohne Sonnenschein und Instagram-Filter waren die Farben zwar nicht annähernd so beeindruckend wie diverse Internetblogs das vermitteln, aber wir hatten einen entspannten Guide für uns alleine, der uns auch mehrmals durch die Höhle paddeln ließ.
Tag 19 & 20 – 09. / 10.01.
Was auf Feuerland die Tankstellen waren, waren hier die Geldautomaten. Tags zuvor hatten wir uns noch gewundert, warum wir bei Barzahlung der Kayaktour einen Rabatt erhielten. Im nächsten Ort wurde es dann klar: Der Eintritt für den Nationalpark war ausschließlich in bar zahlbar. Was soll ich sagen … unsere Scheine reichten natürlich nicht mehr und wir mussten uns wohl oder übel auf den Weg zum nächsten Geldautomaten machen, der 100 km weiter nördlich in Coyhaique lag. Die 50.000 Einwohner große Stadt nutzen wir dann zumindest für einen richtigen Lebensmitteleinkauf in einem richtigen Supermarkt. Nach einem Spaziergang zu gleich drei völlig unspektakulären Lagunen im Coyhaique Nacional Reserve bei anhaltend schlechtem Wetter traten wir – diesmal mit ausreichend Bargeld – wieder die Rückfahrt ins 100 km südlich gelegene Villa Cerro Castillo an.
Tag 21 – 11.01.
Unser Glück im Unglück war der Wetterumschwung. Durch unseren kleinen Umweg erklommen wir den Cerro Castillo ja nun einen Tag später als geplant und genossen die Wanderung zum Großteil in strahlendem Sonnenschein. Der Weg zu der Lagune vor dem eigentlichen Cerro geht ein kurzes Stück über ein privates Gelände. Daher muss man, zusätzlich zu den Eintrittsgebühren für den Nationalpark, ein weiteres Ticket kaufen, so dass man in Summe 18.000 Pesos (ca. 21 €) pro Person zahlt. Zum Vergleich: Die fünf Tage in Torres del Paine hatten 21.000 Pesos pro Person gekostet.