Wenn wir schon meine geliebte Fastnacht in Deutschland verpassen würden, dann wollte ich zumindest den Karneval in Südamerika erleben. Ohne genaue Vorstellung von dem, was uns erwarten würde, hatten wir es grade noch rechtzeitig in die Hauptstadt Argentiniens geschafft. Der argentinische Karneval ist in der Größe kein Vergleich zu dem in z.B. Rio de Janeiro. Während der Militärdiktatur war der Karneval verboten worden, seit deren Ende erlebt er ein langsames Comeback. Daher rechneten wir uns die größten Chancen in Buenos Aires aus.
Informationen wann wo was stattfinden würde waren schwer zu bekommen. Nachdem wir uns vor Ort ein bisschen durchgefragt hatten, erlebten wir an drei Abenden drei verschiedene Festivitäten.
Zunächst war da in der Altstadt eine Art Straßenfest mit Liveband. Es war eine ausgelassene Stimmung und die Menschen tanzten und sangen auf der Straße. Die Kinder hingegen fochten einen harten Straßenkampf mit ihrem künstlichen Schnee aus Spraydosen, in dem man auf keinen Fall zwischen die Fronten geraten wollte.
Am Sonntag war die große zentrale Avenida de Mayo für den Verkehr vollständig gesperrt und vollgepackt mit Street Food Anbietern und einer riesigen Bühne mit Moderation. Unter anderem war eine Karnevalsgruppe aus Bolivien zu Gast. Die Menschenmassen waren so groß, dass wir leider die eigentlichen Performances kaum sehen konnten. Beim Essen kamen wir aber wieder mit sehr netten Argentiniern ins Gespräch, die uns alle möglichen Empfehlungen einschließlich ihrer Handynummer gaben, falls wir sonstige Fragen hätten.

Jedes Stadtviertel hat seine eigene murga, eine Gruppe aus Musikern, Tänzern und Sängern jeden Alters. Die ursprünglich von afrikanischen Sklaven stammende Musik ist geprägt von Trommeln, in den Texten der Lieder wird sich oft kritisch zu politischen Themen geäußert. Getanzt wird teils ausgelassen, teils nach einem scheinbar festen Rhythmus mit fast akrobatischen Bewegungen. Jeder murguero trägt Frack, Handschuhe und Hut – detailliert verziert und in den Farben seiner Gruppe. Angeblich machten sich die Sklaven so über ihre „Herren“ lustig. Jedenfalls kein Vergleich zu den halb-nackten und mit Federn geschmückten Brasilianern.
Zum Schluss schafften wir es am Montag noch in ein etwas abgelegeneres Viertel und bekamen tatsächlich noch den anscheinend traditionellen murga Karneval zu sehen und zu hören. Bei Bier und Grillgut beobachteten wir die Darstellungen diesmal aus der ersten Reihe und ich war endlich versöhnt. Nur die Stimmung war in keinster Weise mit der im jecken Rheinland zu vergleichen.
Die Art von Karneval würde mir gefallen, mit toller Musik und hoffentlich gutem Essen und Trinken.