Uruguay – die Pflicht

Unser Flug nach Neuseeland ging am 11. März von Buenos Aires aus, deswegen hatten wir uns entschlossen, unseren Aufenthalt in der Stadt zu teilen und zunächst noch einen Abstecher nach Uruguay zu machen. Das Land liegt eine einstündige Fährfahrt über die Mündung des Río de la Plata von Buenos Aires entfernt und ist im Vergleich zu den bisher bereisten Ländern klein (etwa halb so groß wie Deutschland, Argentinien ist zum Vergleich knapp achtmal so groß wie Deutschland).

Colonia del Sacramento
Colonia del Sacramento

Ich hatte vor unserer Planung keine wirkliche Vorstellung von dem Land, was dort auch scherzhaft die „Schweiz von Südamerika“ genannt wird. Das trifft es vielleicht nicht genau, es ist aber definitiv wohlhabender als die anderen Länder auf dem Kontinent, was sich unter anderem in einem funktionierendem öffentlichen Gesundheitssystem, weniger Kriminalität und nahezu deutschem Preisniveau äußert. Trotzdem gibt es ausgerechnet hier einen verhältnismäßig großen Bevölkerungsanteil, der sehr traditionell von Land- und Viehwirtschaft lebt und die Gaucho-Kultur am Leben erhält, ohne dass es künstlich oder von staatlicher Seite gewollt wirkt. Das Land hat, ähnlich wie das ebenfalls weniger besuchte Paraguay, keine Top-Sehenswürdigkeiten in der Liga von Machu Picchu oder dem Torres del Paine Nationalpark. Wir besuchten es ohne hohe Erwartungen und primär, weil es um die Ecke von Buenos Aires lag.

Die Fähre brachte uns zunächst nach Colonia del Sacramento, ein verschlafenes Örtchen, was aufgrund der teilweise noch aus dem späten 17. Jahrhundert erhaltenen Gebäude UNESCO-Weltkulturerbe ist und als die schönste Stadt Uruguays beschrieben wird. Allerdings gilt das – auch nach Aussage eines Urugayos – eher für Leute, die noch keine europäische Altstadt gesehen haben. Letztere hat man in einer halben Stunde komplett gesehen – aber auch, wenn sie nicht spektakulär ist, hat uns die Lage an der Küste und vor allem die entspannte Ruhe nach dem niemals schlafenden Buenos Aires gut gefallen.

Viel zu tun außer Essen und Rumhängen gibt es allerdings nicht, so dass wir uns nach zwei Nächten mit dem Bus in die Hauptstadt Uruguays, Montevideo, aufmachten. Hier ging es deutlich lebhafter zu, aber im Vergleich zu Buenos Aires ist auch Montevideo klein und überschaubar. Wir hatten ein Hostel außerhalb der Altstadt in Punta Carretas, einem Viertel mit vielen kulturellen Einrichtungen Restaurants und Bars. Montevideo liegt ebenfalls an der Küste und hat die Uferpromenade so ausgebaut, dass man dort entspannt spazieren oder Fahrradfahren kann. In Europa hätten wir so etwas gar nicht wahrgenommen, in Südamerika realisiert man, wie viel Geld in der Gestaltung des öffentlichen Raums in europäischen Städten steckt. In den ärmeren Ländern und kleineren Orten besteht der, ironischerweise meist viel mehr genutzte, öffentliche Raum häufig nur aus einem zentralen Plaza de Armas mit Grünflächen und Bänken.

In der Altstadt machten wir eine free walking tour, bei der wir neben einem guten Überblick über die Geschichte der Stadt mit einem der Nationalgetränke Uruguays beglückt wurden, Grappamiel. Wie man sich bei dem Namen denken kann, besteht es aus Grappa und Honig in unterschiedlichen Verhältnissen, was laut Wikipedia in einem Alkoholanteil irgendwo zwischen 25 und 70 % endet. Wir waren vom Geschmack her glücklicherweise eher im Mittelfeld des Alkoholgehalts und obwohl wir beide keinen Grappa mögen, war das wirklich lecker.

Militärparade in Montevideo

Am nächsten Tag wurde der neue Präsident Uruguays vereidigt. Daher war zwar einer der zentralen Plätze nicht zugänglich, wir konnten am Abend aber noch die Generalprobe einer Ehrengarde der Armee samt Musikkorps beobachten.

Weiter ging es an die auch von argentinischen und brasilianischen Touristen wegen der endlosen Strände gerne besuchte Küste im Nordosten des Landes. Von dem berühmtesten Ort Punta del Este, dem „Monaco Uruguays“, hatten uns alle Urugayos abgeraten, weil er so künstlich und teuer sei. Ein ganzes Stück weiter an der Küste liegt Cabo Polonio, ein Aussteiger-Dorf ohne Anschluss an das Straßennetz, Strom oder fließend Wasser. Auch wenn das nicht ganz uncharmant klingt, war nach Internetrecherche insbesondere meine Sorge, von europäischen Yoga- und Ernährungscoaches auf der Suche nach Erleuchtung umgeben zu sein, zu groß.

Tobi am Strand in La Paloma

Also fiel die Entscheidung auf ein Surfer-Dörfchen namens La Paloma, was sich als sehr gute Wahl herausstellte. Neben Strom, Wasser und Straßen gab es einen wunderschönen langen Strand und zumindest am ersten Tag auch riesige Wellen, in die man sich schmeißen konnte. Unser Hostel lag direkt hinter den Dünen und befand sich in einem (noch) netten Zustand des langsamen Verfalls. Außer uns waren ein paar einzelne Gäste sowie eine Gruppe argentinischer Jugendlicher da. Der meist in einer Hängematte zu findende Besitzer des Hostels schien fast froh, als diese und ein paar der einzelnen Gäste nach zwei Nächten abreisten und wir neben einer österreichischen Aussteigerin (die vielleicht seine Freundin war, so ganz genau schienen das beide nicht zu wissen) fast die einzigen waren.

Tagsüber war es so warm, dass wir außer Strandspaziergängen nichts unternahmen und lediglich die Ruhe und Abgeschiedenheit genossen. Am Strand tummelten sich Urugayos, Argentinier und Brasilianer, ohne, dass es unangenehm voll gewesen wäre. Viele Menschen saßen in mitgebrachten Klappstühlen und fast alle hatten Essen und Getränke dabei. Die Straßenhunde, von denen es in Montevideo kaum welche gab, waren hier wieder in angemessener Anzahl vertreten und hatten – soweit wir das beurteilen konnten – auch großen Spaß.

Sonnenuntergang in La Paloma

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