Concerning Hobbits

Am ersten wieder sonnigen Tag stand unser Besuch in Hobbingen (im englischen Original Hobbiton), der Heimat Frodo und Bilbo Beutlins im erhaltenen Filmset der Hobbit-Trilogie auf dem Programm. Das gleiche Set wurde zwar auch schon für die Herr der Ringe Filme verwendet, nach diesen jedoch demontiert. Den Fehler haben die Verantwortlichen nach den Hobbit Filmen nicht nochmal gemacht, laut dem Promo-Film vor Ort sollte die Atmosphäre für Fans aus aller Welt erhalten werden. Der Gedanke, dass man mit dem hügeligen Weideland mehr verdient, wenn man täglich tausende Touristen für je 90 NZ$ (ca. 52 €) darüber laufen lässt, dürfte allerdings auch nicht ganz unbeteiligt gewesen sein …

Die geführte Tour dauert ungefähr zwei Stunden, wobei man jede halbe Stunde starten kann. Ich hatte die letzte Möglichkeit um 15 Uhr ausgewählt, da hier die Sonne momentan um ca. 17 Uhr untergeht und ich das schöne Licht nutzen wollte. Leider war ich nicht so fuchsig wie ich dachte, denn der Großteil von Hobbingen liegt an einem Westhang und ist damit schon früher nicht mehr in der Sonne. (für Eingefleischte Herr der Ringe Fans: Die Szene, in der Gandalf und Bilbo in der Abenddämmerung vor der Feier rauchen, ist deswegen früh morgens gedreht)

Abgesehen davon war unser Besuchszeitpunkt optimal: Da hier Winter ist und verstärkt durch die Einreisesperre wegen der Pandemie waren laut unserem Guide über den Tag verteilt insgesamt nur 300 Menschen da, an einem normalen Tag in der Hauptsaison seien es mehr als 3000! Dadurch, dass unsere Gruppe mit ungefähr zwanzig Touristen die letzte an dem Tag war, konnten wir uns ohne Druck langsam voran bewegen und Fotos ohne Ende machen.

Das Filmset ist mit unglaublichem Sinn für’s Detail gebaut, was man bei jedem Schritt merkt. Bei fast allen Hobbithöhlen sind, dem Beruf des imaginären Bewohners entsprechende, Utensilien vorhanden. Die Höhlen selbst sind in unterschiedlicher Größe, je nachdem, ob sie in einer Großaufnahme oder nur im Hintergrund verwendet wurden, angelegt. Bis auf wenige Ausnahmen bestehen sie jedoch nur aus einer Fassade ohne wirklichen Raum dahinter, was man aber sogar, wenn man direkt davor steht, kaum merkt. Auch außerhalb der Höhlen kann man erahnen, wie viel Arbeit in dem Set steckt: Es gibt (echte) Gemüse- und Kräutergärten, tatsächlich rauchende Schornsteine, behangene Wäscheleinen, Bretter mit Aushängen („Schubkarre zu verkaufen“) und und und …

Highlights sind neben Bilbos Höhle mit einer künstlichen Eiche darüber, für die mehrere hunderttausend künstliche Blätter angefertigt und manuell angeklebt wurden, der Festplatz (auf dem Bilbo seinen 111. Geburtstag feiert), Sams Höhle und vor allem der Grüne Drache, die Dorfkneipe. Die ist im passenden Stil, aber für normalgroße Menschen gebaut und das Ende der Tour, an dem man ein gezaptes Bier bekommt. Das kann man im ebenfalls detailverliebten Innenraum oder draußen am See mit Blick über Hobbingen trinken.

Noch ein letztes Beispiel für den Aufwand den Wahnsinn, der betrieben wurde: An einer Stelle in Hobbingen standen schon Apfelbäume, aber da Tolkien in seinen Büchern explizit Pflaumenbäume beschreibt, mussten ein paar arme Seelen für den Dreh die Blätter von den Bäumen pflücken und mit Pflaumenbaumblättern ersetzen. Da kommt einem doch selbst der schlimmste Tag auf der Arbeit ganz ok vor …

Ich hatte Hobbingen bei unserer Ankunft in Neuseeland ehrlich gesagt nicht auf dem Schirm, im Nachhinein muss ich mich einem irgendwo online gelesenen Review voll und ganz anschließen: It’s the most touristic, overpriced thing that’s also completely worth it. Man hat von Anfang das Ende das Gefühl, in Mittelerde zu sein und ist fast enttäuscht, dass der Barkeeper im Grünen Drache auch ein Mensch ist …

Blick über den See auf Hobbingen