Bevor wir die Region ganz verließen, besuchten wir noch das Otorohanga Kiwi House, eines von mehreren Kiwi Conservation Centres in Neuseeland. Die nachtaktiven Tiere kann man in ihrem verdunkelten Gehege hinter einer Glasscheibe beobachten. Wir waren die einzigen Gäste und hatten das Glück, das gerade wache Pärchen Miharo und Taina ausgiebig beobachten zu können. Ihre personalisierten Steckbriefe machten sie nur noch sympathischer. Und die menschlichen Kiwis freuten sich nach all den Wochen wieder mit den Gästen ein Schwätzchen zu halten…

Um seinen ikonischen Vogel vor dem Aussterben zu bewahren, betreibt Neuseeland einen riesigen Aufwand mit großen, national angelegten Programmen. So sind z.B. viele wilde Kiwis mit einem Transponder versehen, damit das DOC einen Überblick über die Population hat. Wenn ein Weibchen ein Ei legt (das 70 % seines Körpergewichts ausmacht! – siehe Röntgenbild), sind es selbst und das Junge besonders gefährdet. Dann beginnt operation nest egg: Die Ranger klauen das Ei aus dem Nest, da ein frisch geschlüpfter Kiwi kaum eine Chance hat in der Wildnis zu überleben. Sobald dieser groß genug ist, um sich selbst verteidigen zu können (und das auch gelernt hat) wird er wieder frei gelassen.

Unser nächstes Ziel war New Plymouth an der Westküste mit dem perfekt kegelförmigen Mt Taranaki nebenan. Dort verbrachten wir den ersten Tag mit einem ausgedehnten Spaziergang an der rauen Küste und begutachteten die mal mehr, mal weniger beeindruckende lokale Kunstszene.
Die Nacht blieben wir wieder auf einem tollen DOC Campingplatz im Nationalpark, direkt am Fuße des Mt Taranakis. Die Wanderung an der Nordseite des Berges am nächsten Morgen begann erstmal mit einem monotonen zweistündigen Aufstieg im Nebel.
Zum Glück hatten wir es irgendwann weit genug aus dem Tal heraus geschafft und konnten doch noch die Aussicht genießen. Spontan beflügelt vom Sonnenschein entschieden wir uns, noch ein paar Höhenmeter mehr zu erklimmen und befanden uns schließlich über den Wolken mit fantastischen Ausblicken (von hier kommt auch das Titelbild). Schnee und Eis, aber vor allem der unfassbar heftige Wind machten ein angenehmes Weiterlaufen aber unmöglich, so dass wir nach einer kurzen Käsestulle wieder abstiegen.
Nach einer letzten Nacht an der Westküste machten wir unsere Zickzack-Route komplett, in dem wir von New Plymouth quer durchs Land an die Ostküste fuhren, nach Napier. Nach einem verheerenden Erdbeben 1931 mit anschließendem Großfeuer war die komplette Stadt völlig zerstört worden und dann im Art-déco Stil wieder aufgebaut worden. Einige Gebäude und viele Gebäudefronten in der Innenstadt sowie Straßenlaternen und -schilder werden weiterhin so erhalten.

Wie schon in New Plymouth vorher verbrachten wir, selbst überrascht, erneut viel Zeit in einem der staatlichen Museen. Die sind hier in Neuseeland wirklich interessant und aufwendig gestaltet, mit ansprechender Präsentation und vielen interaktiven Möglichkeiten. Darüber hinaus sind sie in der Regel umsonst, es wird nur um eine Spende gebeten. Thematisch geht es meistens um eine Mischung aus Geschichte, Maori-Kultur und regionaler Natur.

Ein weiterer Pluspunkt an Napier sind seine vielen Sonnenstunden, die alle möglichen Obstsorten, u.a. auch Trauben bestens gedeihen lassen. Daher folgte eine Fahrradtour mit Weinprobe bei zwei Weingütern, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Im Ersten erzählte uns ein 71 jähriger Neuseeländer beim gemütlichen Zusammensitzen, dass der beste Wein der Welt doch der sei, der einem schmecke. Im Zweiten wurden wir von einem Anzugträger belehrt, welche Gerichte zu welchem seiner Weine erlaubt seien.
Weiter ging es ans Kap Palliser, den südlichsten Punkt der Nordinsel. Die zuführende Küstenstraße ist teilweise nur einspurig und ungeteert und endet in einer Sackgasse. Unterwegs zählt man die Seelöwen, die sich vor einem auf den Felsen räkeln (oder lautstark streiten) und kann in der Ferne sogar die neuseeländischen Alpen der Südinsel erkennen.
Wir konnten wieder auf einem freedom campsite direkt am Strand übernachten. Wenn man erst im Dunkeln ankommt, ist man sich manchmal nicht sicher, ob man nachts durch die Flut nicht nasse Füße bekommen könnte…

Die zweite Weinregion der Nordinsel konnte selbstverständlich nicht ausgelassen werden, daher blieben wir noch für eine Nacht im kleinen Martinborough. Die zwei besuchten Weingüter lagen diesmal direkt am Dorfrand und waren entspannt zu Fuß erreichbar. Im Ersten wurde uns der Wein von einem jungen Brasilianer eingeschenkt. Anscheinend ist Neuseeland eines der wenigen Länder, für das Brasilianer recht unkompliziert ein work&travel Visum oder Vergleichbares beantragen können. Aufgrund der Pandemie hatte er seines verlängert. Im zweiten Weingut brachte uns ein asiatischer Angestellter mit gebrochenem Englisch fünf Gläser Wein und ließ uns dann alleine – der Wein war trotzdem gut.

Den Abend perfekt machte ein Kinobesuch (The Gentlemen; Helena: witzig, Tobi: Guy Ritchie liefert halt) mit anschließendem Feierabendbier.