Hopewell Lodge

Weihnachten inklusive der Adventszeit zu Hause waren fest eingeplant und so hatten wir bereits Anfang September schweren Herzens unseren Rückflug von Auckland aus gebucht. Nach unserer Rückkehr von der Westküste machten wir wieder Station in Wanaka, nicht nur, weil der Ort so schön ist, sondern auch, weil es nur die eine Straße gibt, die zu den Gletschern an der Westküste führt.

Bis zum 22.10. blieben uns noch fünf Wochen in Neuseeland und es gab kaum noch Ziele, die wir sehen wollten (abgesehen von mehreren hundert Wanderungen, für die bei einem Teil unserer Reisegruppe aber mittlerweile nur noch eingeschränkt Motivation da war …).

Zunächst fuhren wir noch einmal nach Geraldine, dem Ort, in dem wir die sieben Wochen lockdown verbracht hatten. Ein bisschen, weil wir das Fleckchen im Nichts und die Pfarrerfamilie noch einmal sehen wollten, aber vor allem, weil ich meine Fleecejacke bei der Abreise dort vergessen hatte.

Catherine, die Frau des Pfarrers, war leider nicht da, aber Alistair empfing uns als wären wir gestern erst abgereist. Das Haus befand sich unverändert im Status des nur leicht kontrollierten Chaos mit dem einzigen Unterschied, dass mittlerweile noch mehr Pflegekinder einzogen waren. Nach einem Gespräch mit Alistair über Gott und die Welt (diesmal aber ohne Panzer im Zweiten Weltkrieg) besuchten wir am Abend noch das örtliche, sehr süße Kino mit einem Saal (Savage (neuseeländischer Film über die hiesige Version von Rockerbanden); Helena: gut und erschreckend, Tobi: dito).

Weiter ging es zum letzten Mal Richtung Süden für einen zweiten Besuch in Mount Cook Village. Zum Ende des Winters lag deutlich mehr Schnee auf den Bergen und Gletschern als bei unserem ersten Aufenthalt Ende März. So viel, dass unsere angedachte Wanderung zur Mueller Hütte nur bis zu einem Aussichtspunkt auf halber Strecke möglich war. Oberhalb war laut DOC nicht nur die Lawinengefahr erheblich, auf dem kurzen Stück, das wir versuchten, weiterzugehen, sank man bis zu einem Meter tief in den Schnee ein und das überzeugte uns dann vollständig, den Versuch aufzugeben.

Bei traumhaftem Wetter machten wir uns endgültig Richtung Norden, zu einem längeren Stopp am Lake Tekapo, auf. Neben viel lesen und herumhängen mit Blick auf den absurd türkisen See nahmen wir dort an einer „Astronomie-Stunde“ des Dark Sky Project teil. Diesmal hatten wir bei nahezu Neumond und wolkenlosem Himmel einen unglaublichen Blick auf den Sternenhimmel mit der Scheibe der Milchstraße, die fast von Horizont zu Horizont reichte. Ich hatte mir auf unserer Reise schon mehrfach ein Stativ gewünscht, aber noch nie so sehr wie an dem Abend …

Jugendherberge direkt am Lake Tekapo

Auf dem Weg durfte ein letzter Aufenthalt in Christchurch natürlich nicht fehlen, denn wir haben die Stadt trotz ihres durchschnittlichen Rufs liebgewonnen. Hier war bei über 20 °C und Sonnenschein gefühlt schon Sommer und unsere seit Argentinien im Rucksack verstauten kurzen Hosen bekamen eine Renaissance.

Die zwei Nächte, die wir im Juli auf der Hopewell Lodge waren, hatten uns so gut gefallen, dass wir bei Mike, dem Besitzer, schon damals die Möglichkeiten von „wwoofen“ ausgelotet hatten. Das bedeutet (nicht im ursprünglichen Sinn), man arbeitet ein paar Stunden am Tag und kann dafür umsonst wohnen; eine, bei vor allem jungen Touristen, sehr verbreitete Art des Reisens oder Arbeitens in Neuseeland.

In den Winterferien hier war es an den touristisch interessanten Orten schon merklich voller geworden, daher hatten wir die Ende September anstehenden Frühlingsferien in Hopewell geplant. Touristen aus Übersee sind mittlerweile wegen des weiterhin bestehenden Einreiseverbots (für jeden, der nicht Kiwi ist oder eine bestehende Aufenthaltsgenehmigung hat), ziemlich rar.

Dementsprechend freuten sich sowohl Mike und seine Frau Linley über unsere angebotene Unterstützung als auch wir selbst, da wir wie immer mit wenig Vorlauf angefragt und Sorge hatten, dass irgendwelche mittellosen Teenies uns Bonzen die Gelegenheit weggeschnappt haben könnten. Es war bei uns nämlich weniger die Reisekasse als viel mehr Neugierde und der Wunsch, eine regelmäßige Aufgabe zu haben, der uns zum wwoofen brachte.

Am ersten Tag war unser einziger Job, unser eigenes Zimmer so zu säubern, dass wir es angenehm fanden. Ab dem nächsten Tag begannen unsere eigentlichen Tätigkeiten als Zimmermädchen sowie ein bisschen als Holzhacker und Hühnerfütterer. Es stellte sich schnell eine Routine ein: Nach einem entspannten Frühstück ging es in der Regel mit dem Putzen der Badezimmer und dem Leeren der Mülleimer los, anschließend wurden die Bungalows und Gästezimmer sowie der Gemeinschaftsraum mit Küche gereinigt.

Den Biomüll bekamen am Morgen die zwölf Hühner. Deren Stall war auf einer Weide neben dem Brennholzlager, sodass der Ausflug mit dem Hacken von neuem Holz verbunden wurde. Mittags wurde der von den Hühnern verschmähte Rest des Biomülls weiter auf den Kompost befördert und bei der Gelegenheit den Hühnern die Eier stibitzt.

An den meisten Tagen waren wir in etwas über drei Stunden mit unserer Arbeit fertig und konnten den Rest des Tages mit Lesen, Spazieren oder Kayaken verbringen. Linley und Mike waren die nettesten und bemühtesten Chefs, die man sich vorstellen kann und versorgten uns zwischendurch immer mal wieder mit Kaffee oder irgendetwas leckerem Selbstgebackenem. Der Aufenthalt verging wie im Flug und am Ende waren wir noch trauriger als beim ersten Mal, dass wir Hopewell wieder verlassen mussten, aber die Fähre nach Wellington war gebucht …